Rotmilane zählen nicht nur zu den größten Greifvögeln Schleswig-Holsteins. Trotz ihrer scheinbaren Häufigkeit sind die eleganten Flieger gefährdet. Jetzt werden die Greife auch noch beschossen und vergiftet!
Medien-Information / Flintbek / 08. Mai 2020
Gehäufte Vergiftungsfälle von Rotmilanen – Landesamt und Umweltpolizei bitten um Hinweise.
In den letzten drei Jahren sind dem LLUR in Flintbek in einem engen räumlichen Umkreis östlich und südöstlich von Neumünster 11 tote Rotmilane gemeldet worden. Die Fachabteilungen für Umwelt- und Verbraucherschutz der Polizeidirektionen Bad Segeberg und Kiel (UVS) haben Ermittlungen zu den Fällen aufgenommen. Die Untersuchungen zur Todesursache ergaben, dass 9 Rotmilane nachweislich an einem seit vielen Jahren nicht mehr zugelassenen Insektizid verendet sind. Da jede Art der Nachstellung der streng geschützten Greifvögel gegen Jagd-, Naturschutz- und Tierschutzrecht verstößt, bitten LLUR und Polizei um Hinweise, die zur Aufklärung der Fälle führen. Hinweise aus der Bevölkerung werden unter 04551/884-0 (Polizei Bad Segeberg UVS) oder 0431/160-1503 (Polizei Kiel UVS) entgegengenommen.
Im März und April 2020 wurden dem LLUR vier tote Rotmilane mit Vergiftungsverdacht gemeldet. Drei Vögel wurden von einem örtlichen Jagdausübungsberechtigten dicht beieinander in der Gemeinde Rendswühren im Kreis Plön gefunden. Die Fachabteilungen für Umwelt- und Verbraucherschutz der Polizeidirektionen Bad Segeberg und Kiel (UVS) haben Ermittlungen zu den Fällen aufgenommen und eine Untersuchung der Todesursache veranlasst. Bei zwei Tieren wurde ein auch für Vögel hochtoxisches Insektenbekämpfungsmittel nachgewiesen, dessen Anwendung in der Europäischen Union seit vielen Jahren verboten ist. Beim dritten Vogel, einem Männchen, das unmittelbar neben dem dazugehörenden Weibchen lag, blieb die Todesursache unklar. Ein Zu-sammenhang mit der Vergiftung des Weibchens ist nicht auszuschließen.
Röntgenbilder der Vögel zeigen, dass das Weibchen unmittelbar vor der Eiablage stand. Außerdem wurden bei zwei Rotmilanen Schrotkörner (helle Punkte auf dem Röntgenbild) im Körper gefunden, die zwar nicht todesursächlich waren, aber einen zurückliegenden Beschuss belegen. Ob dieser im Brutgebiet in Schleswig-Holstein oder im Überwinterungsgebiet in Südwesteuropa erfolgte, ist unbekannt.
Auch bei einem im März mit einer Windkraftanlage bei Holtsee im Kreis Rendsburg-Eckernförde kollidierten Seeadler wurde im Röntgenbild als Nebenbefund ein in Fehlstellung verheilter Bruch des Fußes zusammen mit Resten von Munition nachgewiesen. Die Vergiftungs- und Beschuss-nachweise spiegeln die traurige Lebenswirklichkeit der seit Jahrzehnten streng geschützten Arten wider.
Bei einem weiteren Rotmilan-Totfund 2020 in der Gemeinde Rickling im Kreis Segeberg deuteten die Fundumstände ebenfalls stark auf eine Vergiftung hin, die Todesursache konnte aber nicht mehr eindeutig geklärt werden.
Die diesjährigen Totfunde bei Rendswühren und Rickling stehen in räumlicher Nachbarschaft zu zwei im Jahr 2019 nachgewiesenen Vergiftungsfällen bei Groß Kummerfeld und Gönnebek, bei denen ein Brutpaar und ein Einzelvogel betroffen waren.
Etwas weiter südöstlich gab es 2018 bei Pettluis in der Gemeinde Daldorf einen weiteren belegten Vergiftungsfall, bei dem fast eine ganze Rotmilan-Familie ums Leben kam. Drei verendete Jungtiere wiesen Vergiftungen auf, ein Alttier wurde vergiftet im Nahbereich des Horstes aufgefunden; lediglich ein Jungtier überlebte und konnte später wieder ausgewildert werden.
Die besorgniserregend hohe Anzahl an Meldungen zeigt einerseits, dass viele kundige Menschen in der Natur unterwegs sind und verdächtige Beobachtungen an die Behörden weitergeben. Andererseits muss von einer Dunkelziffer ausgegangen werden, da sicher nicht alle toten Vögel entdeckt werden. Verschiedene Motive für die Taten werden geprüft, die Polizei ermittelt in alle Richtungen.
Rotmilane gehören wie alle Greifvögel zu den streng geschützten Arten. Jede Art der Nachstellung verstößt gegen Jagd-, Naturschutz- und Tierschutzrecht und kann als Straftat mit empfindlichen Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 50.000 € oder 5 Jahren geahndet werden.
Die Naturschutzbehörden verurteilen diese Taten auf das Schärfste und bitten zusammen mit der ermittelnden Polizei um Hinweise aus der Region, die im Zusammenhang mit den Fällen stehen und zur Aufklärung beitragen können.
Das Umweltministerium, die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft SH und der Landesjagdverband haben 2008 gemeinsam die Kieler Erklärung zum Schutz der Greifvögel unterzeichnet, in deren Rahmen die Kosten für die Untersuchung von toten Greifvögeln vom Land übernommen werden können.
Wer einen toten Greifvogel findet, bei dem die Fundumstände auf eine illegale Handlung hindeuten, wird gebeten, sich mit dem LLUR (04347-704-0) oder der Unteren Naturschutzbehörde des jeweiligen Landkreises in Verbindung zu setzen, sodass bei ausreichender Verdachtslage eine Untersuchung des Vogels eingeleitet werden kann.