Der 60. Hengstmarkt des Trakehner Verbandes e.V. mit Sitz in Neumünster wartete nicht nur mit prachtvollen Junghengsten, einer spannenden Auktion und einem hochkarätigen Schauprogramm, sondern zum Jubiläum auch noch mit einem ganz besonderen Leckerbissen auf. Der Trakehner Verband begrüßte unter dem Dach der Holstenhallen die Spanische Hofreitschule zu Wien mit gleich drei Vorführungen der Lipizzaner Hengste. „Das ist ein Programm zum Träumen, freuen, und um mit voller Zuversicht in die Zukunft der Trakehner Pferdezucht zu schauen“, begeisterten sich bereits am Dienstag der Trakehner Zuchtleiter und Geschäftsführer Lars Gehrmann und aus dem Vorstand Züchter Urgestein Hans-Wilhelm Bunte aus Hoffeld in Schleswig-Holstein. Eigentlich sollten die Lipizzaner Hengste bereits im Herbst 2020 Neumünster besuchen. Hier verhinderte jedoch Corona die Termine. Mittwochabend am 30. November 2022 war es endlich soweit. Vor etwa 3500 Zuschauern präsentierten die Bereiter und Bereiterinnen kommentiert von St. Georg Chefredakteur Jan Tönjes einen „Tanz in Weiß“, der nicht nur in Wien ein breites Publikum verzaubert.
Pferdeadel, Eleganz, Kraft und Anmut auf der einen, Disziplin, Ausdauer, Liebe zum Beruf und Pferd, das sind die Grundzutaten für die ganz besondere Ausstrahlung der Spanischen Hofreitschule zu Wien
Hierfür ist die Hofreitschule mit 27 Hengsten und 20 Bereitern, Bereiterinnen und Betreuern angereist. Seit gut 12 Jahren sind unter den Reitern auch Frauen wie Hannah Zeitlhofer und als zweite Bereiterin Theresa Stefan dabei. Nummer drei im Bunde ist Bereiteranwärterin Valentina Utz.
„Wir freuen uns nicht nur über die weibliche Verstärkung in unseren Reihen, sondern auch ganz besonders über die Reise von Wien in den hohen Norden nach Neumünster“, sagte Oberbreiter Rudolf Rostek, der 1991 als Eleve in der Hofreitschule antrat. Für viele der Junghengste im Alter von acht bis etwa 12 Jahren sind die Reise und die Vorführungen in den Holstenhallen eine echte Premiere, sagte Rostek.
Geduldige Ausbildung und eine ganz besondere Hingabe an die Pferde lassen die weißen Matadore aus Wie lange gesund und alt werden
Wie Tourleiterin Daniela Zedinger erklärte, sind viele der Hengste über 20 Jahre alt. Der älteste im Rund und in bester Kondition, ist der Lipizzaner Conversano Patrizia im stolzen Alter von 24 Jahren. „Wir beginnen spät, bilden in aller Ruhe aus und setzen die Hengste erst im Alter von 8 bis 11 Jahren ein. Zusätzlich gibt es zweimal im Jahr eine Weidepause“, erklärte die Tourleiterin.
Für die Zuschauer auf den Rängen der Holstenhallen waren die Vorführungen ein exklusiver Hingucker, denn Neumünster war der einzige Tourneestandort in Deutschland. Vollkommene Symbiose zwischen Reiter und Pferd, feine Signale, ob am Zügel an der Hand oder unter dem Reiter, und Lektionen auf und über der Erde, von der Piaffe und Passage, sprich den erhabenen Gängen aus dem Trab, hin zu den Seitengängen wie Schulterherein oder Traversalen, Levaden in vollkommener Harmonie mit den Reitern, spannungsgeladene Momente in der hohen Schule, etwa bei der Pesade, was ein hohes Erheben auf die Hinterhand bedeutet, der daraus folgenden Wiener Courbette mit einigen Sprüngen und letztlich als Krönung die Kapriole, bei der Pferd und Reiter nach kraftvollem Sprung wie schwerelos einen Moment lang scheinbar die Schwerkraft vergessen haben, all das war auf dem Viereck der Holstenhallen zu erleben. Nicht immer ging das perfekt und trotzdem folgten immer ein Lob der Reiter und ein Applaus aus dem Publikum.
Fremdes Terrain, eine weite Reise für die Hengste und gleich zweimal ein immaterielles Kulturerbe unter dem dach der Holstenhallen
Für viele der jüngeren Hengste war es das erste Mal, dass sie die Hofreitschule überhaupt verlassen haben, sagte Tourleiterin Daniela Zedinger. Und die fast auf Tuchfühlung greifbare Nähe zum Publikum war gleichsam eine Herausforderung für die Schulhengste und Reiter.
Dafür haben Pferde und Reiter ihren Applaus verdient entgegengenommen, ihren Auftritt hervorragend gemeistert und das besondere Jubiläum der Trakehner Pferdezucht mit ihren Vorführungen bereichert. Und immerhin: Passend zum Jubiläum des 60. Hengstmarktes der Trakehner Pferde sind diese ebenso wie die Lipizzaner als erste Rasse in Europa, jetzt als zweite Pferderasse zum Immateriellen Kulturerbe ernannt worden. Die weißen Hengste aus Wien sind am Sonntagvormittag um 10.00 Uhr als Abschluss des 60. Hengstmarktes noch einmal zu erleben. Informationen zur Veranstaltung gibt es auf: www.trakehner-verband.de.