Bokhorst / 01.09.2010. „Wird es das Bokhorst bei Neumünster in 30 Jahren noch geben?“, wollte Moderator Carsten Kock von Klaus Dahmke vom Bauernverband Schleswig-Holstein wissen. Rund 80 Gäste lauschten unter dem Dach der Bokhorster Kirche gespannt auf die Antwort Dahmkes. „Ja“, meinte Dahmke. Das Bild allerdings dürfte sich wandeln, wie es auch in den letzten 30 Jahren geschehen sei. Das Anstrengungen unternommen werden müssen, um Leben auf dem Land weiter lebenswert zu machen, darüber war sich die Podiums- und Diskussionsrunde, zu der Bauernverband und Landfrauenverein eingeladen hatten, einig. Das Bild vom Leben auf dem Land dürfe kein verklärtes sein. Zu vielschichtig seien die Gründe, warum ein Mensch sich auf dem Land wohl fühle oder weg ziehe. Die Bauern seien hier bereits mitten im Wandel angekommen. Globalisierung, internationale Märkte und Getreidebörsen hätten die Höfe längst erreicht. Spürbare Veränderungen hätten das Bild auf den Höfen verändert.
Dass hierbei auch ein großer Teil bäuerlicher Kultur und Vielfalt auf der Strecke bleibe, bedauerte auch der Stolper Biobauer und Buchautor Matthias Stührwohld. „Nichts bleibt wie es ist“, meinte Stührwohld. Auch wenn „Das Ende der Schubkarrenrennen“, wie der Autor in einer seiner Geschichten schreibt und damit die gegenseitige Hilfe der Stolper Bauern bei der Maisernte meint, längst Vergangenheit ist, er will nur Bauer sein und nichts Anderes. Der Vierteljahreswald aus Energiemais ist dem Stolper unheimlich. Manches Mal komme er sich schon ein wenig bescheuert vor, weil er Nahrungsmittel und nicht Energie produziere. In Zeiten, in denen so mancher Bauer mehr als knietief im Dispo stecke, sei aber auch der Griff zum Notnagel Energie verständlich. Die Gier Einzelner sei etwas, worüber nachgedacht werden müsse, warf Andreas Sötje vom Bezirksbauernverband Neumünster beim Thema Energiewirtschaft in die Diskussion. Der Wandel und auch das Höfesterben seien nicht zu verhindern, erklärte Klaus Dahmke. Die Fragen zur Veränderung in der betrieblichen und auch gesellschaftlichen Struktur der Landwirte und Dörfer müssten von dem „Wie?“ begleitet werden. Ein gesunder Ausstieg mit finanzieller Sicherung sei für manchen Hof durchaus sinnvoll, meinte Dahmke. Und wenn Europa die Landwirte in die freie Marktwirtschaft entlasse, müssten diese lernen mit den neuen Märkten umzugehen. Längst würden Schweinemäster in Dänemark keine Schweinepfote und kein Schweineohr mehr umkommen lassen. „Alles, was knackt und knirscht, wird nach China verkauft“, zeigte Dahmke ein Beispiel aus dem Nachbarland auf. Verdeutlichen sollte die Spitze, dass es durchaus gute Chancen für den Norden gibt. Die Erschließung neuer Märkte verlange letztlich auch neue Ideen und Unternehmergeist. Um die Zukunft dürfte sich Landwirtschaft auch in Schleswig-Holstein eher keine Sorgen machen. Rund 80 Millionen mehr Menschen weltweit und pro Jahr, würden weder den Bedarf an Lebensmitteln, noch nach Energie sinken lassen. Ein sorgsames Auge gelte es allerdings, auf eine faire und angemessene Bezahlung zu richten. In Deutschland zu leben und zu arbeiten, bedeute auch deutsche Kosten zu haben. Chancen für die Zukunft auf dem Land seien durchaus vorhanden, bestätigten Aline Schnoor und Steffi Bruhn, die in Busdorf einen Partyservice auf die Beine gestellt haben und hierfür einen ehemaligen Stall zur modernen Großküche umgebaut haben. Eigene Wege ist auch die Privatmeierei Riecken aus Groß Barkau gegangen. Gut 1.500 Kunden genießen heute die frische Milch aus der Direktvermarktung des Hofes. Leben auf dem Land – hier sind Ideen gefragt, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Der Blick auf das Leben in den Dörfern blieb hierbei nicht unkritisch. Nicht jeder, der aufs Land ziehe, komme hier auch zurecht. In vielen Dörfern habe der letzte „Höcker“ längst geschlossen und auch im Saal des alten Landgasthofes staube häufig genug das Mobiliar seit Jahren vor sich hin.
Dorfschulen, Feuerwehren, Vereine, Gemeindevertretungen und auch Kirche, würden sich nach wie vor gegen Schlafdörfer ohne soziales Leben stemmen und für Lebendigkeit sorgen. Das sei auch bei den Landfrauen spürbar, berichtete die Bokhorster Vorsitzende Heike Lange. Von den heute aktiven Frauen seien gerade einmal noch etwa 15 Prozent „richtige Bauersfrauen“. Dem Verein tue dies allerdings keineswegs Abbruch. Die Themen seien andere geworden. Die Vielfalt der vertretenen Berufe und Interessen bereichere das Geschehen. Ideen, ein offener Blick, ein lebendiges Miteinander und aufeinander Zugehen, dann müsse man sich um die Zukunft der Dörfer keine zu großen Sorgen machen, meinten die Beteiligten.