Landesjägertag Schleswig-Holstein / Neumünster 18.04.2015.
Harsche Worte und unterschiedliche Sichtweisen zum Thema Jagdzeiten, bleifreie Munition und zur Rückkehr der Wölfe begleiteten den Landesjägertag in den Neumünsteraner Holstenhallen. Dabei nahm Schleswig-Holsteins Ministerpräsident a.D. Peter Harry Carstensen Umweltminister Dr. Robert Habeck unter Beschuss.
Über 300 Jäger, Jägerinnen und Gäste waren gekommen, um bei der Diskussion über die aktuellen Fragen zur Jagd in Schleswig-Holstein dabei zu sein. Unter dem Dach der neuen Outdoormesse in den Neumünsteraner Holstenhallen bot sich den Besuchern eine junge und positiv geladene Atmosphäre. Ganz anders zeigte sich diese am Sonnabend beim Landesjägertag in den Diskussionen mit Umweltminister Dr. Robert Habeck. Hier gab es eher Gewitterstimmung, die auch in naher Zukunft die Zusammenarbeit mit dem Ministerium und der Jägerschaft bestimmen könnte. Schleswig-Holsteins Jäger, und das sind insgesamt immerhin rund 18.000, davon rund 16.000 im DJV organisiert, wollen sich weder jetzt, noch in Zukunft widerspruchslos ausgrenzen lassen, wenn es um Fragen zur Bejagung und Bewirtschaftung heimischer Wildarten geht. Dazu gehören Kernthemen wie die Jagdzeitenverordnung. „Es kann nicht angehen, das mögliche Sommerjagdzeiten etwa auf sogenannte Schmalspießer und Schmaltiere (einjährige Tiere), von Rot-, Dam- und Sikawild gestrichen werden, ohne hierüber sachlich mit den Jägern zu sprechen“, sagte Dr. Klaus-Hinnerk Baasch, Präsident des Landesjagdverbands Schleswig-Holstein, zur aktuellen Lage. Es gebe keinen vernünftigen Grund der Verkürzung der Jagdzeiten im Sommer, erklärte Baasch. Ebenso hätte bei bedrohten Arten wie dem Rebhuhn ein freiwilliger Verzicht, wie er in der Vergangenheit bereits in vielen Revieren gelebt wurde, gereicht. Ob die im vergangenen Jahr vorgelegte Jagd- und Schonzeitenverordnung Bestand habe, müsse noch abgewartet werden, erklärte der Prof. Dr. Michael Brenner, Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Jena. Nach Brenners Rechtsauffassung verletze die Verordnung gegen das Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht als grundrechtlich geschütztes Eigentumsrecht. Problematisch ist auch die Frage, wie künftig mit der Nachsuche von angefahrenem Wild an der Grenze von befriedeten Bezirken umgegangen werden soll, wenn die Grundeigentümer die Jagd auf diesen Flächen aus ethischen Gründen abgelehnt haben. Endet dann der Tierschutz an dieser Grenze?, fragen sich die Jäger. Vieles sei schlicht ungeklärt und ohne Sachdiskussion über die Köpfe der Jäger hinweg beschlossen worden.
Das aktuelle Wolfsmanegement ist nicht wirklich auf die Rückkehr von Wölfen vorbereitet
Zur Diskussion stand auch der Umgang mit dem Wolf. Schleswig-Holsteins Jäger hätten den Wolf dem Jagdrecht unterstellen und zunächst die mögliche Populationsentwicklung beobachten wollen. Damit hätte es auch bei ganzjähriger Schonzeit zumindest Rechtssicherheit etwa bei klaren Verkehrsunfallfragen und der Tötung eines schwer verletzten Wolfes gegeben, so die Jäger. „Zu kompliziert“, meinte Habeck zum Thema. Nur dem Artenschutz unterstellt, sei auch nur eine Behörde im Zweifelsfall für Entscheidungen erforderlich. „Ich bin da tief besorgt“, meinte Habeck in Neumünster zu den letzten Angriffen auf Nutztiere, sprich Schafe, bei Blumenthal. Bislang waren Wölfe als Rückkehrer in ihren ehemaligen Lebensraum kein großes Thema. Inzwischen kommt es allerdings immer häufiger zu Konfliktsituationen, auf die auch das bisherige Wolfsmanagement nicht eingestellt war, pflichtete Habeck bei. Hierzu zähle auch das veränderte Verhalten der zugewanderten Wölfe, die wenig Scheu vor dem Menschen zeigen. Hilfe für betroffene Tierhalter würde unbürokratisch geleistet. Das habe allerdings durchwachte Nächte geschädigter Tierhalter kaum auf. Auch bleibe die Angst vor einem durchaus gefährlichen Beutegreifer.
Eine Lösung des Themas brachte allerdings in der Diskussion auch der Angriff von Ministerpräsident a. D. und Jäger Peter Harry Carstensen auf Robert Habeck nicht mit sich. Immerhin sehe Habeck ein, das es sich beim Wolf um ein gefährliches Tier handele, warf Carstensen bissig in die Runde. Auch beim Einsatz bleifreier Munition in der Bejagung sogenannten Schalenwildes, wie Dam-, Reh-, oder Schwarzwild, habe Habeck seine Hausaufgaben nicht gemacht uns sei einer sachlich fundierten Untersuchung des Themas ausgewichen und vorausgeeilt. Zum Leidwesen des Tierschutzes in der Jagdausübung meinte Carstensen. Die von Habeck ins Feld geführte Aussage, das in den Landesforsten bereits seit zwei Jahren erfolgreich und ohne Komplikationen bleifrei gejagt werde und es keine Mitarbeiterberichte über spürbare Nachteile gebe, sei geschönt, setzte Carstensen nach.
Munition für bleifreie Jagd auf Schalenwild ist nicht für alle Kaliber und Waffenkombinationen ausgereift
Ausgereift ist der Einsatz bleifreier Munition aus Sicht unterschiedlicher Fachleute, auch aus der Industrie, nicht. Der Einsatz bleifreier Munition stelle zurzeit waffentechnisch deutlich höhere Anforderungen an die Anpassung von Munition und Waffe, meinte der Neumünsteraner Büchsenmachermeister und Wiederladespezialist Dirk Johannsen. Allein Ablagerung in den Läufen könnten schnell zu problematischen Änderungen der Treffpunktlagen führen.
Unsicherheit über die politisch gewollte oder nicht gewollte Zukunft der Jagd in Schleswig-Holstein begleitete letztlich die Diskussion. „In 20 Jahren werden wir wahrscheinlich über die heute geführten Diskussionen lachen und vor ganz anderen Aufgaben, wie der Lösung klimabedingter Probleme oder strukturellen Fragen einer hochintensiven Landnutzung gegenüberstehen“, meinte Umweltminister Dr. Robert Habeck abschließend auf die Frage zur Zukunft der Jagd im Land.
Dr. Klaus-Hinnerk Baasch, Präsident des Landesjagdverbands Schleswig-Holstein, plädierte indessen zum Abschluss an die politisch Verantwortlichen und Verbände, die Jäger als sachkundigen Partner ins Gespräch einzubinden und nicht als „sozial unverträglich“ stigmatisierte Gruppe auszugrenzen. Die Jagd sei als nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen ein wesentlicher Bestandteil eines gelebten Umwelt- und Wildtierschutzes und diene damit dem Wohl aller.
Die Landestrophäenschau ließ auf eine gesunde Schalenwildpopulation schließen
Ganz unpolitisch, dafür mit Trophäen, die sich nicht nur in Schleswig-Holstein sehen lassen können, verlief die im Rahmen des Landesjägertages abgehaltene Landestrophäenschau. Thomas Walch vom Gut Siggen gehörte zu denen, die sich besonders über ihre eingereichten Trophäen freuen durften. „Ein Damhirsch, dessen Geweih mit 216,21 Wertungspunkten bei einem Gewicht von 4,8 Kilo die Spitze anführte, darüber darf man sich als Jäger durchaus freuen“, meinte der Ostholsteiner Jäger. Das sahen auch die Trophäenbewerter so. Zwar seien die Trophäen der männlichen Tiere nur eine Seite der Medaille. Die Stärke und Gesundheit der weiblichen Tiere auf der anderen Seite dürfte allerdings zur Beurteilung der männlichen Tiere passen, so die Fachleute wie Berufsjäger Christopher von Dollen.